Projektarbeit ist eine zentrale Umsetzung in der Reggio-Pädagogik. Sie orientiert sich an den Interessen der Kinder und versteht Lernen als gemeinschaftlichen, forschenden Prozess.
Dabei erwerben Kinder Wissen und wichtige Kompetenzen wie Selbstvertrauen, Teamfähigkeit und vielfältige Ausdrucksformen.
In der Reggio-Pädagogik geschieht Lernen ko-konstruktivistisch. Das bedeutet: Kinder und Erwachsene sind gemeinsam Forschende, die ihre Ideen, Hypothesen und Beobachtungen miteinander teilen und im Austausch Bedeutungen aushandeln.
Kinder und Erwachsene sind gemeinsame Forschende, die im Prozess ihre Gedanken verbinden und weiterentwickeln.
Durch Projekte erhalten Kinder die Möglichkeit, ihrer Neugier zu folgen, Fragen zu stellen und aktiv ihre Umwelt zu erforschen. Charakteristisch ist, dass Projekte oft aus Spiel- oder Alltagssituationen entstehen, z.B. aus einer Entdeckung in einem Buch, einem gefundenen Gegenstand oder einer spannenden Beobachtung in der Natur. Auf diese Weise entstehen Lernprozesse, die direkt an den echten Interessen und Fragen der Kinder anknüpfen und ihnen ermöglichen, sich gemeinschaftlich auf den Weg zu machen und antworten zu finden.
Wichtig: Projekte entstehen aus den Fragen und Hypothesen der Kinder, nicht aus Interessensvorgaben der pädagogischen Fachkraft. Die Kinder entscheiden selbst, ob, wann und in welchem Umfang sie an einem Projekt teilnehmen und wann sie es für sich beendet halten.
In den kommunalen Kitas von Reggio Emilia ist es üblich, dass sich das pädagogische Team auf ein übergeordnetes Projektthema für das gesamte Haus einigt. Dieses Thema orientiert sich an den Interessen und Erfahrungen der Kinder, wird aber von den Fachkräften vorgeschlagen und gemeinsam mit den Kindern weiterentwickelt. So entsteht ein roter Faden, der die pädagogische Arbeit über längere Zeit hinweg prägt und verschiedene Gruppen und Altersstufen miteinander verbindet.
Gleichzeitig bleibt die Reggio-Pädagogik offen für eine andere Herangehensweise: Projekte können auch ganz unmittelbar aus den Fragen, Hypothesen und Entdeckungen einzelner Kinder entstehen – wie in dem zuvor beschriebenen Projektverlauf. Beide Wege sind möglich und legitim. Entscheidend ist, dass die Kinder mit ihren Ideen im Mittelpunkt stehen und dass pädagogische Fachkräfte sensibel darauf achten, ob sie ein gemeinsames Thema für das ganze Haus oder ein individuelles Projekt für einzelne Kinder oder Kleingruppen begleiten.
Die Dauer eines Projekts ist flexibel und wird von den Kindern bzw. der Kindergruppe selbst bestimmt. Sie kann von einem kurzen Mittagskreis bis hin zu Projekten über mehrere Monate oder sogar ein Jahr reichen. Projektpausen sind üblich und werden von den pädagogischen Fachkräften aufmerksam begleitet. Wenn die Fachkräfte beobachten, dass das Interesse der Kinder nachlässt, können sie durch gezielte Fragen oder Materialimpulse versuchen, das Interesse wieder zu wecken. Zeigt sich weiterhin kein Bedarf, kann gemeinsam in der Gruppe oder bei einem Einzelkind entschieden werden, ein Projekt vorerst zu beenden. Wichtig ist, dass die Kinder jederzeit wissen, dass ein Projekt wieder aufgenommen werden kann, sobald neue Fragen, Hypothesen oder Ideen entstehen.
Auch Einzelprojekte mit einem Kind werden als vollwertige Projekte anerkannt. Die Teilnahme ist jederzeit offen. Ein Einstieg oder Ausstieg ist flexibel möglich. Pädagogische Fachkräfte begleiten die Kinder dabei wertschätzend und unterstützen sie, z. B. mit den Worten: „Wenn du doch nochmal Fragen hast oder gemeinsam mit uns zu diesem Thema forschen möchtest, freue ich mich, wenn du wieder dabei bist.“
Die Rolle der pädagogischen Fachkraft ist entscheidend für die Qualität unserer Bildungsarbeit. Erst durch ihre Haltung, ihre Professionalität und ihr Handeln wird aus kindlicher Neugier ein Bildungsprozess, der Tiefgang und Nachhaltigkeit hat. mit der Haltung der Fachkräfte. Sie brauchen ein modernes Bild vom Kind. Kinder sind von Beginn an kompetent, neugierig und fähig, ihre Welt aktiv zu gestalten. Diese Grundüberzeugung prägt alle Entscheidungen und erfordert zugleich eine kontinuierliche Selbstreflexion:
Bin ich in meiner pädagogischen Haltung klar und werde ich dem modernen Bild vom Kind gerecht?
Pädagog:innen sind Mitforschende, Impulsgeber:innen und Übersetzer:innen zwischen den Fragen der Kinder und den vielfältigen Möglichkeiten, Antworten zu suchen. Entscheidend ist weniger das Was, sondern das Wie. Offenheit, Respekt und Vertrauen in die Kompetenzen der Kinder bilden den Kern.
Ihre Handlungsprinzipien umfassen:
Auch wenn Projekte stets von der kindlichen Neugier ausgehen, stützen und strukturieren pädagogische Fachkräfte diesen Prozess aktiv.
Sie „locken“ Fragen hervor, z. B. durch:
Eine Provokation ist eine gezielte Herausforderung, die Denkprozesse in Gang setzt. Z.B. ein eingefrorener Eisblock mit einem Spielzeug darin „Wie können wir das befreien?“. Solche Impulse dürfen staunen lassen, irritieren oder herausfordern. Entscheidend ist, dass sie die Kinder ins aktive Handeln bringen.
Wichtige Haltung: „Es geht nicht darum, den Kindern fertige Antworten zu geben, sondern ihnen Möglichkeiten und tools an die Hand zu geben, mit denen sie selbst Antworten finden.“
Einen Schritt zurück oder eine Pause in einem Projekt bedeutet nicht, dass das Interesse der Kinder nachlässt oder das Projekt missglückt ist. Im Gegenteil: Er bietet die Möglichkeit, das bisher Erlebte noch einmal objektiv zu betrachten, zurückzuschauen und zu reflektieren. So können pädagogische Fachkräfte und Kinder gemeinsam überlegen, möchten wir an dieser Stelle weitermachen, eine Pause einlegen oder das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen? Auf diese Weise wird das Projekt flexibel an die Bedürfnisse und Fragen der Kinder angepasst und kann jederzeit wieder aufgenommen werden.
Auch wenn Projekte flexibel sind, braucht es ein Rahmenkonzept:
Hilfreich ist es, Schritte bewusst einzuplanen – aber auch Rückschritte und Pausen zuzulassen.
Praxis Tipp: Manchmal ist es sogar wichtig, sich erst einmal wieder vom Prozess zu lösen und später mit neuen Hypothesen weiterzumachen.
Ein Projekt beginnt oft mit einer Frage oder Beobachtung, die neue Fragen nach sich zieht. Diese Kettenreaktion aus Neugier, Hypothesen, Ausprobieren und neuen Fragestellungen ermöglicht den Kindern, ihre Umwelt forschend zu begreifen, eigene Ideen weiterzuentwickeln und gemeinsam neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Ein Kind berichtet im Morgenkreis davon, dass er heute auf dem Weg zur Kita nass geworden ist, weil es geregnet hat.
Das Kind fragt:
„Wohin verschwindet das Wasser?“
Weitere Kinder überlegen und stellen Hypothesen auf:
„Vielleicht in die Erde?“ „Vielleicht trinken die Pflanzen das Wasser auf.“
„Was denkst ihr, können wir das Wasser unter der Erde noch sehen?“